selten Spass macht. So unternahmen sie ein Experiment, das Erstaunliches zu Tage förderte: Wenn die Öffentlichkeit wirklich wüßte, was hinter
den verschlossenen Türen der Filmförderung vor sich geht, müßte der
ganze Laden auf der Stelle dichtgemacht werden.
Ein Humortest und seine Folgen: die drei Hannoveraner
schrieben ein für deutsche Verhältnisse ungemein witziges Drehbuch,
das sie bei den ganz, ganz ernsten deutschen Förderungsanstalten
einreichten. Ihr sechsseitiger Entwurf für den Kurzfilm
"Genial!" erzählt von einem filmkünstlerischen Scharlatan,
der mit einem völlig flachsinnigen Drehbuch eine unkompetente
Filmkommission übertölpelt und der Förderung für würdig befunden
wird. Auf diese höhere Segnung spekulierten selbstverständlich auch
die drei Jungautoren. Wie würden die gestrengen Gralshüter der
Filmkunst wohl auf die lästerhafte Herabsetzung der eigenen Zunft
reagieren? Wittern sie den Braten? Oder kapieren sie womöglich den
Witz?
Erste Reaktionen auf das ketzerische Pamphlet waren denn
auch von eher mißtrauischer Natur. "Was woll ihr uns den da für
ein Ei ins Nest legen?" grummelte ein Sachbearbeiter der
niedersächsischen Filmförde-
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rung
und lehnte ab. Einer seiner bayrischen Kollegen zog sich mit der Frage
nach der weiss-blauen Stammeszugehörigkeit aus der Affäre:
"Seid´s ihr aus Bayern? Sonst gibt´s eh nix." Die
Filmstiftung Nordrhein-Westfahlen ließ wissen, daß die Geschichte von
"Genial!" nicht neu sei und zu sehr an den thematisch
verwandten Spielfilm "z.B. Otto Spalt" erinnere - der in
Deutschland mindestens ebenso bekannt ist wie "Hans, der
Igel". Den Vogel abgeschossen hat jedoch das Film & Medienbüro
Niedersachsen. In der amtlichen Ablehnungsbegründung werden deutliche
Worte tapfer für die Nachwelt festgehalten: "Der Beirat kam ... zu
dem Ergebnis, daß das vorgelegte Buch die Komplexität der
darzustellenden Realität nicht übertrifft. Es ist deshalb angezeigt,
die in dem Buch dargestellte Realität nicht der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen, damit die künftige Finanzierung der
Filmförderung nicht in ernsthafte Gefahr gerät." Batsch, das
saß. Traurigkeit zog ein in den Köpfen der hoffnungvollen
Nachwuchsautoren. Ihr "Genial!" ist gar keine Satire. Die
Wirklichkeit ist viel schlimmer. Niedergeschlagen versteckten sie ihr
Werk in der Schublade, damit wenigstens nicht die Filmförderung in
Gefahr gerät. Sonst hört am Ende der Spass noch auf.
Heiko Rosner
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DEUSCHLANDS
KOMISCHSTER ABLEHNUNGSBESCHEID
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Keine Knete, kein Film
Der Förderung nicht
für würdig befunden: Das
Drehbuch "Genial!" zerstört den Glauben an die
Filmförderung - wie war das mit dem Fisch?

Mit tiefer Traurigkeit reagierten die
Jungautoren auf das Eintref-
fen des ersten Ablehnungsbescheids. Ihr Werk ist zu gefährlich,
um der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden
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FILMEMACHER: Äh, ...natürlich nicht!
Äh,...
(sucht den rettenden Strohhalm)...
schon Jean-Luc Godard...
JUMPCUTSEQUENZ: der Filmemacher, der eben noch vor der Kommission stand, geht grübelnd hinter seinem Stuhl hin und her (die kontinuierliche Bewegung wird ebenfalls durch JUMPCUTs gebrochen); der Filmemacher sitzt auf seinem Stuhl und starrt sinnierend an die Decke; er steht an der Tür und kratzt sich am Kopf; er kniet zwischen seinen Papieren auf dem Boden und durchwühlt seine Notizen; er sitzt wieder auf seinem Stuhl, lehnt sich cool zurück und hat sich offensichtlich wieder gefangen.
FILMEMACHER: ... hat gesagt: die Form schafft den Inhalt - oder war's Rivette? Naja, ist ja auch egal.
ICH jedenfalls in meiner Arbeit als Filmemacher habe mich geradezu spezialisiert auf den innovativen Umgang mit dem Material. Insbesondere die von mir entwickelte Technik der BASISCHEN ENTFREMDUNG, die dem ...
(Wir sehen dabei den leicht angetrunkenen Filmemacher in seiner schmuddeligen Küche beim Sichten von Filmmaterial auf einem antiquierten 16mm-Filmbetrachter. Er gießt sich ungeschickt ein Glas Rotwein ein. Beim Abstellen der Flasche kippt er das Glas versehentlich über eine offenstehende Filmdose.
Das Filmbild fängt an auszusehen, als sei es einer Rotweinbehandlung ausgesetzt worden.
Die Kommission - ebenfalls fleckig rot - beginnt interessiert zuzuhören.)
FILMEMACHER: ... Inhalt die eigentliche spirituelle Dimension verleiht, fordert den Zuschauer heraus, das Gesehene kritisch zu hinterfragen. Durch Verstörung wird die passive Konsumentenhaltung aufgebrochen und der von mir anvisierte Sehschock erzielt.
Auch meine AKRIBISCHE PARTIKULATION bewirkt durch optische...
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"Ontogenese,
Phylogenese,
Biogenese... alles in
einem Bild!"
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(Der Filmemacher doziert mit erhobenem Zeigefinger.
Wieder in seiner Küche schrubbt er mit einer alten Wurzelbürste auf verdrilltem Filmmaterial herum und würzt das Arrangement mit dem Inhalt seines Aschenbechers.
Das bis hierhin rot verschmierte Filmbild wirkt ab jetzt, als sei es mit einer alten Wurzelbürste malträtiert worden.
Ebenfalls zerkratzt: die Kommission lauscht ergriffen. Bei den schrillen Kratzgeräuschen stehen ihnen kurz die Haare zu Berge.)
FILMEMACHER: ...Fragmentierung der Emulsion die Transparenz des Mediums und katapultiert das Publikum mental in eine Metaebene seiner eigenen Wahrnehmung.
Als Höhepunkt meines künstlerischen Schaffens verstehe ich die Dekonturierung ...
(Wie durch einen Zerrspiegel betrachtet, verschwimmt das Bild.
Der Filmemacher steht wieder in seiner Küche und sieht gespannt auf einen Topf mit brodelndem Wasser. Er nimmt eine große Bratengabel und sieht nach, ob der Film schon gar ist. Der verschwommene Vorsitzende
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